Quellenhof – Betriebsspiegel
Historie: Der Quellenhof ist Teil der Werkstatt für Menschen mit geistiger Behinderung (WfbM) und gehört zur Lebensgemeinschaft Bingenheim e.V., einer komplexen Einrichtung mit Wohnbereich für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit geistiger und mehrfacher Behinderung sowie Förderschule und Werkstattbereich. Seit der Gründung der Einrichtung 1950 gibt es eine biologisch-dynamische Landwirtschaft. Zunächst begann diese im Schloss im Ort mit 2 Kühen und 2 bis 3 ha Land, wuchs auf 7 Kühe und 12 ha Land an und befand sich in einer Hofreite im Ort. Ab 1992 zog die Landwirtschaft auf den eigentlichen Quellenhof außerhalb von Bingenheim, einem Aussiedlerhof, der nach anthroposophischen Aspekten umgebaut und modernisiert wurde. Neben der Landwirtschaft befindet sich auch eine Wohngruppe der Einrichtung sowie Wohnungen für Mitarbeitende auf dem Hofgelände. Schon immer arbeiten Menschen mit geistiger Behinderung im inklusiven Hofalltag mit. Ursprünglich war der Hof als Selbstversorgung für die Lebensgemeinschaft gedacht, geht aber im Zuge gesellschaftlicher Veränderungen auch neue Wege.
Geografische Lage: Der Quellenhof liegt in der biodiversen Übergangsregion von der fruchtbaren Wetterau zur Vulkanregion Vogelsberg. In der Senke der Wetterau bildeten sich in Kaltzeiten der Erdzeitalter Tertiär und Quartär teils mächtige Sedimentschichten aus angewehtem Löss. Aus diesem Ausgangsgestein entwickelten sich fruchtbare, tiefgründige, leicht bearbeitbare Böden wie Braunerde und Parabraunerde; zu finden als Ackerflächen bei Gettenau. In der eigentlichen Auenlandschaft bei Bingenheim prägen Niedermoorböden die Weiden und Wiesen als reinen Grünlandstandort. Das hügelige Gebiet südwestlich vom Hof ist vom Ausgangsgestein Basalt des Vulkangebietes Vogelsberges geprägt mit teils flachgründigen Böden wie Ranker und Braunem Kolluvium unter Äckern und Wiesen. Die meisten Böden bestehen aus tonigem Lehm, teilweise sehr schwer und stark klebend. Im Bereich der fruchtbaren Wetterau ist der Schluffanteil hoch. Die Flächen des Quellenhofes liegen auf 130 bis 180 m ü. NN.
Klimatische Bedingungen: Durchschnittstemperatur 8,8 °C im langjährigen Mittel; 670 mm Durchschnittsniederschlag
Landwirtschaftliche Nutzfläche: 56,98 ha Ackerfläche; 50,16 ha Grünland; ca. 9 ha verpachtete Ackerflächen für ZüchterInnen und Garten-Werkstatt
Fruchtfolge:
Frucht
Durchschnittl. Fläche
Durchschnittl. Erträge
Luzerne 1. bis 3. Jahr
15 ha
-
Winterweizen
10 ha
40 dt/ha
Wintergerste
4 ha
28 dt/ha
Winterroggen
10 ha
47 dt/ha
Dinkel
8 ha
27 dt/ha
Hackfrucht Kartoffel
2 ha
-
Hackfrucht Mais
2 ha
-
Sommer-Nackthafer
5 ha
28 dt/ha
Stilllegung
3 ha
-
Sonderkulturen als Versuch: Emmer, Leinsaat, Kichererbsen, Popcornmais auf ca. 2 ha
Zwischenfruchtmischungen
Düngung: 200 dt/ha Rottemist, Kalkung nach Bedarf
Tierhaltung: Die wesensgemäß gehaltene Kuhherde mit Nachzucht ist das Herzstück des Quellenhofes: einerseits für die Produktion von wertvollem Dung sowie Milch und Fleisch und andererseits als Aufgabenfeld für die Menschen mit geistiger Behinderung. Der Anbindestall bietet Platz für 41 Kühe und bis zu 8 Kälber. Gemäß Demeter-Richtlinien werden die Kühe dort nur gefüttert und mittels Rohrmelkanlage gemolken. Den restlichen Tag verbringen sie im Tiefstreustall mit Laufhof oder im Sommer vormittags auf der Weide. Als Ackerbaustandort ist die hofnahe Weidefläche für Kühe begrenzt und das Hauptfutter besteht aus grünem oder siliertem Luzernegras mit hochwertigem Wiesenheu. Ausgleichend ergänzt Haferschrot die Ration, im Spätsommer Grünmaishäcksel und im Winter Futterrüben bzw. Silomais. Jährlich können 12 Kälber für die eigene Nachzucht und Mast behalten werden. Außerdem werden weitere 12 Kälber für Kalbfleisch nach 3 Monaten geschlachtet. Alle Kälber werden kuhgebunden aufgezogen, d.h. die ersten 10 Lebenstage verbringen sie mit der Mutter, danach trinken sie jeweils zu zweit an einer Kuh (Mutter oder Amme) zu den Melkzeiten. Die Kälber leben bis zum Absetzen oder Schlachten nach 3 bis 4 Monaten in einer kleinen Kälberherde im Kuhstall und auf der Weide. Die Rinder leben im Sommer ganztags auf der Weide, im Winter wohnen sie in Tiefstreuboxen am Hof. Ab dem 2. Lebensjahr werden die weiblichen Nachzuchtrinder gedeckt und ziehen in den Kuhstall ein. Männliche Rinder werden ab dem 3. Monat kastriert und wachsen als Ochsen bis zu 3 Jahre für die Mast auf oder sie werden als Bullenkälber nach 3 Monaten geschlachtet. Die Kuhherde wird von einem Deckstier umsorgt, der in einer umgangssicheren Bullenbox mit Auslauf beim Kuhstall wohnt. Die Rasse war bislang Rotbunte Doppelnutzung. Aufgrund der schlechten Hornqualität wird seit Dezember 2022 auf Original Braunvieh umgestellt. Beide Rassen sind Doppelnutzungsrassen und in der Roten Liste gefährdeter Nutztierrassen aufgeführt.
Außerdem werden 20 Schweine gehalten, die als Ferkel von Biobetrieben zugekauft und nach der Mast geschlachtet werden. Sie verwerten hauptsächlich die aussortierten Kartoffeln.
Hühner runden die Tierhaltung am Quellenhof ab. Dieser Betriebszweig befindet sich im Aufbau.
Sozialtherapie: Der Hof ist so konzipiert, dass viele Aufgaben rund um den Stallbereich manuell erledigt werden. So finden Menschen mit geistiger Behinderung (Beschäftigte) hier ihren individuell an ihre Fähigkeiten angepassten Arbeitsplatz. Der Anbindestall bietet ideale Bedingungen für die Handarbeit mit den Tieren. In der Außenwirtschaft werden viele Arbeiten maschinell erledigt, an denen die Beschäftigten nur punktuell mithelfen können, z.B. bei der Kartoffelernte. Das weitläufige Hofgelände mit Hecken, Zäunen und Bäumen bietet landschaftspflegende Tätigkeiten und auch Raum zur Entfaltung der Individualität. Ziel der Sozialen Landwirtschaft ist eine größtmögliche Selbstständigkeit in der Bewältigung der Aufgaben unter Berücksichtigung der persönlichen Stärken und Schwächen.
Vermarktungswege: Ab Hof Milch, Kartoffeln, Getreide, an Aktionstagen Fleisch; an die Lebensgemeinschaft Milch, Kartoffeln, Backgetreide, Obst, Fleisch; an regionale Weiterverarbeiter Getreide, Fleisch; an überregionale Großabnehmer Getreide und Milch
Anbauverband: Demeter
Schloßstraße 9
61209 Echzell-Bingenheim
Deutschland
Raunstraße 2
61209 Echzell-Bingenheim
Deutschland
PV-Anlage
Sozialtherapeutische Landwirtschaft